Waldohreule (Asio otus)

Die lauen Abende im Juni verlocken zum draußen Sitzen. Doch was ist das? Alle paar Sekunden ist ein lautes "Ziiieehh" zu hören. Das Geräusch ist schwer zu orten und in der Dämmerung ist der Ursprung der jämmerlichen Laute zusätzlich schlecht zu erkennen. Doch da - in einem Nadelbaum bewegt sich etwas. Es sind zwei kleine Waldohreulen-Ästlinge, die ihre Rufe abgeben, um von der Mutter schneller gefunden zu werden, wenn sie Nahrung bringt. Sie haben das Nest bereits verlassen. Munter hüpfen und klettern sie im Baum herum, können aber noch nicht richtig fliegen - daher die Bezeichnung "Ästling".

 

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Waldohreulen sind die häufigsten Eulen in Mitteleuropa. Sie sind nicht so anspruchsvoll was ihren Nistplatz angeht wie andere Arten und nutzen auch schon mal ein altes Krähen- oder Greifvogelnest. Für ihre nächtliche Jagd brauchen die lautlosen Jäger offenes Land, in dem sie die Beute gut hören, erspähen und ergreifen können. So manche Maus muss dabei ihr Leben in den Klauen der Eulen lassen. Auch ein kleiner Singvogel wird ab und an nicht verschmäht.

Eine ausgewachsene Waldohreule ist mit einer Körperlänge von 36 Zentimetern und einer Flügelspannweite von fast einem Meter etwa so groß wie ein Waldkauz, jedoch schlanker als der eher gedrungene Kauz und mit 350 Gramm etwas leichter. Auffallend sind bei den Waldohreulen die großen Federohren, die auch schon gut bei den Ästlingen zu erkennen sind. Diese verstärken nicht etwa die Hörleistung. Ihr gutes Gehör hat die Eule viel mehr ihrem markanten Gesichtsschleier zu verdanken, der die Schallwellen trichterartig zu den Ohrschlitzen leitet und die akustische Wahrnehmung verstärkt.

Waldohreulen können übrigens verhältnismäßig alt werden. So wurde in freier Natur aufgrund von Beringungsfunden schon mal ein Höchstalter von 28 Jahren nachgewiesen.

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Im Winter schlafen sie tagsüber gerne mit anderen Waldohreulen oder sogar mit der wesentlich selteneren Sumpfohreule gemeinsam in einem Baum. Wer genau hinsieht, kann dann in den entlaubten Bäumen stillsitzende unscheinbare Unebenheiten erkennen.   

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Fotos: Oliver Borchert

Text: Katharina von der Heide